Unsere Modellbahn

Unsere Modellbahnplatte im Labor

Wie die meisten Modellbauer mussten auch wir bei der Gestaltung unserer Eisenbahnanlage einige Randbedingungen berücksichtigen. Auf der einen Seite wollen wir natürlich einen möglichst großen Gleisplan mit vielen Gleisen, einem grossen Bahnhof und einem Schattenbahnhof anbieten. Auf der anderen Seite muss die Eisenbahn auch in unseren Laborräumen Platz finden. Daher fiel die Entscheidung schweren Herzens auf die Spurweite N (9 mm); die Spurweiten TT und H0 wären hinsichtlich Zuverlässigkeit und Robustheit wesentlich günstiger gewesen, hätten jedoch den Rahmen unserer räumlichen Möglichkeiten gesprengt.

Wie im nebenstehenden Bild zu sehen ist, ist auch unsere Modellbahn auf einer Holzplatte fest montiert. Diese Holzplatte ist 3,00 m × 1,50 m groß und besteht aus drei separaten Teilen, um die Tranportfähigkeit langfristig zu sichern. Im hinteren Teil der Anlage befindet sich ein Schattenbahnhof, der durch eine Abdeckung gebildet wird, die wir intern als Rostocker Alm getauft haben. Diese Alm ist jederzeit abnehmbar und bietet die Gelegenheit, sich mit der Konstruktion eleganter, stabiler Brücken zu befassen. Um die Eisenbahn herum befindet sich eine etwa 15 cm hohe Bordwand, um die Gleisanlagen und Züge zu schützen und die Basis für eine Abdeckung zur Verfügung zu stellen.

Digitalsteuerung und Elektrik

Die aus früheren Tagen bekannte Analogsteuerung, bei der einfach mittels eines Steuerelements die Trafospannung verändert wird, ist zwar ultra einfach zu realisieren, hat aber den Nachteil, dass alle an diesem Trafo hängenden Züge etwa gleich schnell fahren. Um hier Abhilfe zu schaffen, bieten einige Hersteller verschiedene Digitalsteuerungen an. Diese verwenden eine konstante Versorgungsspannung (Gleichspannung), auf die ein Digitalsignal aufmoduliert wird. Somit wird dieses Digitalsignal über die Schienen an jede Lok transportiert. In jeder Digital-Lok ist ein Kontroller integriert, der aus den ankommenden Daten seine eigene Sollgeschwindigkteit ausliest. Neben der Geschwindigkeitssteuerung können einige Kontroller auch noch Lampen ein- und ausschalten. Da wir in der Mikroelektronik zu Hause sind und hier möglichst viel selber probieren und entwickeln wollen, haben wir uns für das international genormte und offene DCC (Digital Command Control) Protokoll entschieden.

Eine DCC-basierte Digitalsteuerung besteht aus einem Handsteuergerät, das die einzelnen Komponenten (Züge, Weichen, Signale etc.) steuert, und einem Leistungsteil, das die Daten auf die Versorgungsspannung moduliert. Dieser Ansatz ist in der häslichen Anwendung voll ausreichend, hat aber im Rahmen eines universitären Umfeldes folgende Nachteile: (1) das gleichzeitig Steuern mehrerer Züge ist schwierig, (2) die Datenkommunikation ist bei Spurweite N eher störanfällig, (3) die notwendigen Komponenten sind recht kostspielig. Aber, da das DCC Protokoll offengelegt ist, bieten dieses jedem Mikroelektroniker eine Fülle eigener Entwicklungsmöglichkeiten.

Eigenene Hardwareentwicklungen

Da verfügbare Weichenkontroller mit etwa 60 Euro je vier Weichen recht teuer sind, haben wir in einem ersten Schritt eine eigene digitale Weichensteuerung entwickelt, die auf einfachen ARM-Mikrocontrollern basiert. Durch Zuhilfenahme einfacher Treiberbausteine lassen sich so bei einem Kostenaufwand von etwa 100 Euro bis zu 32 Weichen unabhängig voneinander steuern. In weiteren Teilprojekten wurden diese Kontroller mit weiteren Schnittstellen wie beispielsweise USB und Ethernet erweitert. Ferner entstanden auch Module, bei denen die Weichensteuerung auf Basis eines Field-Programmable Gate Arrays (FPGAs) erfolgt.

Wie oben angedeutet, ist die eingeschränkte Zuverlässigkeit der digitalen Steuerung für die Spurweite N ein echtes Problem hinsichtlich eines automatischen Zugbetriebes. Daher beschäftigt sich ein Teilprojekt mit einer Funksteuerung, ein auf dem beliebten CC1010-basierter Sensorknoten. Bei dieser Funksteuerung werden die Signale nicht mehr über die Schiene, sondern einen Funkkanal übertragen. Ferner bekommen diese Züge einen kleinen Akku, sodass sie hinsichtlich Datenübertragung und Stromversorgung wesentlich robuster sind. Zur Zeit existiert nur ein erster Prototyp, der aufgrund der verwendeten Akkus für die Spurweite N noch etwas zu groß ist.

Steuersoftware

Das Studium der Technischen Informatik, bei der die Mikroelektronik ein Bestandteil ist, beinhaltet auch die Erstellung hardwarenaher Programme sowie grafische Bedienoberflächen. Grafische Bedienoberflächen, sofern richtig programmiert, sind besonders benutzerfreundlich. Im Rahmen einiger Teilprojekte entsteht gegenwärtig eine Art grafisches Stellwerk, das die Steuerung aller Weichen und Züge in benutzerfreundlicher Art und Weise gestattet. Diese Teilprojekte beinhalten auch eine Programmierung der oben erwähnten, selbstentwickelten Module zur Weichensteuerung.

Lokalisierung

Das "Spielen" mit einer Modellbahnanlage besteht nicht nur aus dem Stellen von Weichen und Fahren lassen der Züge. Zu einem ordentlichen Fahrbetrieb gehören auch Dinge wie das An- und Abkoppeln von Waggons, das Halten im Bahnhof, das Anfahren und Abbremsen etc. Für diese Tätigkeiten ist eine (präzise) Lokalisierung der Züge und Waggons essentiell. Daher werden im Rahmen des Modellbahnprojektes auch verschiedene Lokalisierungsmethoden unter den Randbedingungen der Modellbahnanlage untersucht. Zu diesen Randbedingungen gehören unter andem die Lokalisierungsgenauigkeit, die Messgeschwindigkeit und die resultierenden Kosten. Die bisher untersuchten Ansätze basieren auf Bar-Codes und der Verwendeung der Wii-Remote-Control.

Koffer-Modellbahn

Aufgrund ihres Gewichts und ihrer Größe ist die Portabilität der Modellbahnanlage sehr eingeschränkt; aus verständlichen Gründen ist es nicht ganz einfach, drei Holzteile mit je 50 Kilogramm Gewicht durch die Gegend zu tragen. Daher haben wir in Zusammenarbeit mit der Beruflichen Schule der Hansestadt Rostock, Abteilung Bautechnik einen Koffer entwickelt, in dem eine kleine Eisenbahn Platz hat. Wie im nebenstehenden Bild gut zu sehen ist, handelt es sich um eine vollwertige Anlage, die aus mehreren Kreisen besteht.

Eine besondere Eigenschaft des Koffers ist, dass er neben dem eigentlichen Gleiskörper auch alle andere Komponenten wie Loks, Waggons, Digitalsteuerung, Trafo und dergleichen beherbergt. Nach dem Aufklappen müssen nur die Teilplatten zusammen geschoben und ein Laptop angeschlossen werden, und schon kann es losgehen. Da dieser Koffer nur etwa 20 Kilogramm wiegt, eignet er sich sehr für die Ausstellung und Demonstration auf Messen, Konferenzen, Schulen etc.